Der Schmerz als Wachrüttler
Gestern, da war sie wieder, die Erinnerung an meinen Unfall vor drei Jahren.
Es waren die ersten Sonnenstrahlen nach dem Winter, die meinen Mann und mich aufs Fahrrad lockten. Ich fühlte mich unsicher. Nach der Winterpause fuhr ich etwas ängstlich.
Das Ziel war unsere Lieblingseisdiele, die seit ein paar Tagen wieder geöffnet hatte. Die Freude auf das selbstgemachte konservierungsfreie Eis lockte und so vergaß ich meine Angst.
Alles ging gut.
Das Eis war extrem lecker. Klar, das Erste nach dem Winter ist immer das Beste.
Und dann traten wir den Heimweg an.
Die Strecke führte über querlaufende Eisenbahnschienen. Wenn man hier geradeaus drüber fährt, passiert nichts. Doch ich fuhr nicht gerade aus hinüber. Das laute Signal des heranfahrenden Zuges jagte mir so einen Schreck ein, dass ich mit meinen Lenkers herum riss und mit dem Vorderrad in den Gleisen hängenblieb.
Dann ging alles blitzschnell. Ich fiel so schwer, dass ich mir das Schien- und Wadenbein brach und nach drei Stunden OP mit elf Schrauben vorlieb nehmen musste.
Mein Mann, der zwar vorgefahren war, reagierte blitzschnell und zog mich samt Rad von den Gleisen.
Und dann fuhr der Zug auch schon an uns vorbei.
Mir war so schlecht. Ich lag am Rand, das gebrochene Bein schon aus dem Stiefel herausgezogen. Wir warteten auf den Krankenwagen.
Ja, und dann nahm alles seinen Lauf: Wartezeit, Röntgenbild, Diagnose, OP und ein ganzes halbes Jahr im Rollstuhl sitzen.
Noch heute spüre ich die Folgen.
Mein Mann und ich tanzen für unser Leben gerne Standard und Latein. Das ist auch gut so, denn durch das Tanzen bin ich nach dem Unfall schneller wieder auf die Beine gekommen. Ich habe während des Tanzens oft vergessen, dass es ja schmerzen könnte. Doch auf dem Nachhauseweg, da war wieder Humpeln angesagt. Da waren sie wieder, die Schmerzen, die mich auch heute noch begleiten.
So ein Unfall ist ein Signal, endlich über das, was du tust nachzudenken.
Im Rollstuhl konnte ich zwar meiner Tätigkeit als Nachhilfelehrerin und Coach nachkommen, (Kopf ging ja noch und das Reden funktionierte hervorragend.) Viele Dinge waren so sehr eingeschränkt, dass ein Um- und Nachdenken endlich auch bei mir funktionierte.
Im Rollstuhl zu sitzen, aus dieser Perspektive zu erkennen wie es den Menschen geht, die dort wirklich gefangen sind, das waren alles interessante Erfahrungen.
Doch der größte Lernprozess war ich selbst. Herauszubekommen, warum ich gerade in die Ruhe gezwungen werde, warum ich endlich an meiner Selbstliebe arbeiten sollte und warum ich die Welt auch dann nicht retten kann, wenn ich mich verbiege. Denn mein Fuß war komplett verbogen, das sollte mein Lernprozess sein.
So hat alles sein Gutes, wenn man nicht in einer Opferstarre verharrt, sondern bewusst lernen will, bewusst sich und sein Leben an so einer Stelle hinterfragt.
Mittlerweile glaube ich, dass die mir immer wieder aufgezeigten Schmerzen ein Wachrüttler sein sollen. Da ist es wieder, das Verbiegen wollen für die anderen.
Nein – Schluss damit.
Lebe deinen Traum.
Lebe deine Berufung.
Lebe sie aus deinem Herzen heraus, nur für dich und nicht für die anderen.
Wenn Eltern in meine Nachhilfe oder Coachingpraxis kommen und mir ihr Herz ausschütten, dass dies und das nicht klappt, wie sie es sich wünschen, dann
Ja, dann …
dann darf ich meine bewährten Tipps geben, besprechen, bearbeiten,
darf sie von Herzen ausbreiten,
in der Hoffnung, dass die eine oder andere Strategie umgesetzt wird, wenn die Mutter es ernst meint.
Und dann heißt es lösen.
Lösen von dem Glauben, dass ich die Welt jetzt retten kann, wenn sie nicht bereit dazu ist.
Und das ist mein Lernprozess.
Wird mein Bein so lange schmerzen, bis ich das begriffen habe?
Wird mein Bein so lange sagen, dass jeder seine Aufgabe, sein Paket manchmal lieber behalten möchte und dass das Jammern doch einfacher ist, als wirklich aus der Komfortzone zu treten und zu sagen: Ja, ich will,
ja, ich will wirklich etwas verändern,
ja, ich werde dafür auch etwas tun?
Auch wenn es mir wahnsinnig schwer fällt, in bestimmten Situationen einfach nichts bewegen zu können, darf ich dankbar sein, dass ich in der mir verbleibenden Zeit all das geben kann und darf, was in meinem Herzen ist und das in dem Moment meinen Schülern und Müttern in der Nachhilfe oder im Coaching gut tut.
Wenigstens tut es für den Moment gut.
Wenigstens gehen sie nach einer Stunde glücklich, ausgeglichen und zufrieden nach Hause.
Dass die besprochenen Aufgaben und Übungen dann zu Hause im Familiensystem nicht umgesetzt werden können, das hat so viele Gründe,
die ich aber anscheinend oft nicht ändern kann.
Habe ich denn überhaupt das Recht dazu?
Nur wenn ich meine Welt verändere, kann sich im Außen etwas verändern, heißt es.
Also schau ich auf mich. Schaue ich, wo ich mir von außen auch nicht in mein Lebenssystem reinreden lassen würde.
Genau das ist es doch.
Jeder hat seinen Lebensplan. Den bestimme nicht ich.
Ich kann nur durch meine Lebenserfahrung aufzeigen was möglich wäre, doch gehen muss jeder seinen Weg allein.
Und die Kinder, die Schulkinder?
Ach ja, die gehen leider viel zu früh ihren Weg schon so allein. Gehen oft schon selbstbestimmt einen Weg, der für die Eltern bequem erscheint.
In einigen Bundesländern oder auch Nachbarländern werden Ganztagesschulen angeboten. Hier sind Kinder schultechnisch versorgt und Mütter, Eltern können ohne schlechtes Gewissen Beruf und Familie unter einen Hut bekommen. Das ist auch gut so, denn in dieser langen Zeit weiß man, dass das Handy oder der PC nicht zum Spielen genutzt wird. Es gibt noch einen Vorteil, das Streiten über vergessene Hausaufgaben oder das Trödeln und Schmieren bei den Aufgaben ist nicht mehr dein Problem.
Ich möchte hier ganz ehrlich sein. Ich hätte meinen Sohn nicht gerne in einer Ganztagesschule abgeben wollen. Klar ist es die beste Alternative, wenn man in seinem Beruf voll einsteigen will, doch bekomme ich von den Leistungen, dem Arbeitsverhalten, den Schwächen, den eventuellen Konzentrationsproblemen usw. nicht wirklich viel mit. Es gibt Kinder, die lieben es in einer großen Gemeinschaft zu leben, doch es gibt auch Kinder, die nach der Schule ihre Ruhe brauchen und etwas mehr schulische Unterstützung.
Gehörst du zu den Müttern, die Beruf und Familie so organisieren, dass sie ihr Kind schulisch zu Hause unterstützen? Ich weiß nur zu gut, wie viele Reibungspunkte hier entstehen.
Ob in einer Ganztagsbetreuung oder zu Hause, Kinder müssen lernen, ihre Pflichten zu erfüllen und nicht nur die für die Schule, sondern auch Pflichten im Familienverband.
Verantwortung übernehmen lernen fängt schon ganz früh an und gehört zu unserem Erziehungsauftrag. Nehme ich meinem Kind jedoch viel zu viele Pflichten ab, weil ich der Meinung bin, dass ein Kind nach der Ganztagesschule damit überfordert sei, dann beraube ich sie um eine sehr wichtige Lebenschance.
Kinder die kaum Pflichten übernehmen müssen, Kinder, die kein Verantwortungsgefühl lernen, sondern lustgesteuert aufwachsen, diese Kinder werden es als erwachsener Mensch sehr schwer haben.
Wenn Eltern wüssten, wie viel Stress sie auf Dauer noch bekommen werden, wenn sie ihre Kinder nicht mit liebevoller Konsequenz pflichtbewusst erziehen, dann würden sie vielleicht… ?
Und da kommen die Schmerzen wieder, die mir sagen: Misch dich nicht ein! Wenn du dich einmischt, klingst du so konservativ.
Oh ja, was die Erziehung anbelangt bin ich liebevoll konsequent und liebevoll konservativ. Ich beobachte Kinder, die zum Glück die prägenden Lebensjahre mit vielen Erziehungseckdaten bekommen haben. Diese bringen sie mit, wenn sie sich draußen bewegen. Gut erzogene, liebenswerte junge Menschen, mit denen man sich gerne unterhält. Menschen, die den Unterschied zwischen Spaß und Pflicht verstehen. Menschen, die durch Pflichterfüllung in der Familie zur Familie gehören.
Werden sie aber von Müttern oder Vätern erzogen, die glauben, dass Pflicht und Disziplin böse Wörter sind, dann haben diese Eltern auf Dauer verloren und sind gefangen im Mamahotel/Papahotel als Dienstboten ihrer Kinder.
Solange ich nicht loslasse und diese Eltern in ihrem System belasse,
nicht loslasse,
werde ich diese Schmerzen in meinem Fuß spüren. Ich sehe, was hier schiefläuft und ich kann nichts verändern, weil die Mütter oder Väter es nicht sehen wollen oder können.
Wenn du dich angesprochen fühlst, weil du Mamahotel / Papahotel lebst, würdest du wirklich etwas ändern wollen? Würdest du bewährte Strategien versuchen umzusetzen, auch wenn sich der Anfang schwer anfühlt?
Ich nehme dich an die Hand, gebe dir die Kraft, um liebevoll konsequent zu erziehen, wenn du magst. Du wirst staunen, wie viel Zeit sogar dein Kind für seinen Spaß haben wird, aber auch du selbst. Denn Zeit für dich selbst, die bleibt bei dieser Haltung auf der Strecke.
Christine Weidner
Als Lernstrategie-Coach, Konzentrationstrainer, Dipl. System Coach für ADS/ADHS nehme ich Familien an die Hand, um sie durch den Schulalltags-Dschungel zu begleiten.
Inspiriert durch Erfahrungen im Umgang mit meinen Schülern und Eltern habe ich angefangen, Blogartikel zu schreiben. In der Hoffnung, viele Eltern durch meine Ideen zu inspirieren, lasse ich immer dann, wenn mein Herz schreiben will, einen Blogartikel entstehen.
Mein Wunsch ist es, dass ich viele Eltern unterstützen kann, mit ihren Erfahrungen rund um das Thema Schule und Erziehung, ausgeglichener umgehen zu können.
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